Einleitung

Die Verwendung von Bariumnitrat in Wunderkerzen ist toxikologisch als auch ökologisch bedenklich. Ein Ersatz durch Kalium- oder Strontiumnitrat führt nicht nur zu weniger Umweltbelastung und Giftigkeit, sondern auch zur Eignung als Schülerexperiment zum Thema Redoxreaktion (Oxidationsmittel).

 

Verwendete Chemikalien

Chemikalie

GHS03 – Flamme über einem Kreis

GHS06 – Totenkopf mit gekreuzten Knochen

Gefahr

1.90 g Bariumnitrat, Ba(NO3)2 – 315.48 g/mol

Bariumdinitrat

CAS-Nr.: 10022-31-8 – EG-Nr.: 233-020-5

Ox. Sol. 2, Acute Tox. 3 (oral), Acute Tox. 4 (inhalativ), Eye Irrit. 2, WGK 1

H272 Kann Brand verstärken; Oxidationsmittel. H301 Giftig bei Verschlucken. H319 Verursacht schwere Augenreizung. H332 Gesundheitsschädlich bei Einatmen. P210 Von Hitze, heißen Oberflächen, Funken, offenen Flammen sowie anderen Zündquellen fernhalten. Nicht rauchen. P220 Von Kleidung und anderen brennbaren Materialien fernhalten. P264 Nach Gebrauch Gebrauch Gesicht, Hände und exponierte Haut gründlich waschen. P280 Schutzhandschuhe/Schutzkleidung/Augenschutz/Gesichtsschutz/Gehörschutz tragen. P301 + P310 BEI VERSCHLUCKEN: Sofort GIFTINFORMATIONSZENTRUM/Arzt anrufen. P304 + P340 BEI EINATMEN: Die Person an die frische Luft bringen und für ungehinderte Atmung sorgen. P337 + P313 Bei anhaltender Augenreizung: Ärztlichen Rat einholen/ärztliche Hilfe hinzuziehen. P371 + P380 + P375 Bei Großbrand und großen Mengen: Umgebung räumen. Wegen Explosionsgefahr Brand aus der Entfernung bekämpfen.

Thermo Fisher, 10648, SDB vom 27.12.2020

GHS03 – Flamme über einem Kreis

GHS05 – Ätzwirkung

GHS07 – Ausrufezeichen

Gefahr

1.70 g Strontiumnitrat, Sr(NO3)2 – 211.63 g/mol

Strontiumdinitrat (IUPAC), Strontium(II)-nitrat

CAS-Nr.: 10042-76-9 – EG-Nr.: 233-131-9

Ox. Sol. 3, Acute Tox. 4 (oral), Eye Dam. 1, WGK 1

H272 Kann Brand verstärken; Oxidationsmittel. H302 Gesundheitsschädlich bei Verschlucken. H318 Verursacht schwere Augenschäden. P210 Von Hitze, heißen Oberflächen, Funken, offenen Flammen sowie anderen Zündquellen fernhalten. Nicht rauchen. P220 Von Kleidung und anderen brennbaren Materialien fernhalten. P280 Schutzhandschuhe/Schutzkleidung/Augenschutz/Gesichtsschutz tragen. P305 + P351 + P338 + P310 BEI KONTAKT MIT DEN AUGEN: Einige Minuten lang behutsam mit Wasser ausspülen. Eventuell vorhandene Kontaktlinsen nach Möglichkeit entfernen. Weiter ausspülen. Sofort GIFTINFORMATIONSZENTRUM/Arzt anrufen. P370 + P378 Bei Brand: Löschpulver oder Trockensand zum Löschen verwenden.

Sigma-Aldrich, 31633, SDB vom 17.09.2021

GHS03 – Flamme über einem Kreis

Achtung

1.40 g Kaliumnitrat, KNO3 – 101.10 g/mol

Salpetersäure-Kaliumsalz, Kalisalpeter

CAS-Nr.: 7757-79-1 – EG-Nr.: 231-818-8

Ox. Sol. 3, WGK 1

H272 Kann Brand verstärken; Oxidationsmittel. P210 Von Hitze, heißen Oberflächen, Funken, offenen Flammen sowie anderen Zündquellen fernhalten. Nicht rauchen.

Sigma-Aldrich, 221295, SDB vom 18.04.2021

GHS02 – Flamme

Achtung

3.90 g Eisen (fein gepulvert), Fe – 55.85 g/mol

CAS-Nr.: 7439-89-6 – EG-Nr.: 231-096-4

Flam. Sol. 2, Self-heat. 2, WGK nwg

H228 Entzündbarer Feststoff. H252 In großen Mengen selbsterhitzungsfähig; kann in Brand geraten. P210 Von Hitze, heißen Oberflächen, Funken, offenen Flammen sowie anderen Zündquellen fernhalten. Nicht rauchen. P235 Kühl halten. P240 Behälter und zu befüllende Anlage erden. P241 Explosionsgeschützte elektrische/Lüftungs-/Beleuchtungsgeräte verwenden. P280 Schutzhandschuhe/Schutzkleidung/Augenschutz/Gesichtsschutz/Gehörschutz tragen. P403 + P235 An einem gut belüfteten Ort aufbewahren. Kühl halten.

Merck, 103819, SDB vom 04.07.2021

 

0.55 g Stärke (kaltlöslich), (C6H10O5)n (n = 100–1400)

4-O-α-d-Glucopyranosyl-α-d-glucopyranose (IUPAC), Amylodextrin, α-Maltose

WGK 1

 

0.50 g Sahnesteif

GHS02 – Flamme

Gefahr

0.70 g Aluminium (gepulvert), Al – 26.98 g/mol

CAS-Nr.: 7429-90-5 – EG-Nr.: 231-072-3

Flam. Sol. 1, Water-react. 2, WGK nwg

H228 Entzündbarer Feststoff. H261 In Berührung mit Wasser entstehen entzündbare Gase. P210 Von Hitze, heißen Oberflächen, Funken, offenen Flammen sowie anderen Zündquellen fernhalten. Nicht rauchen. P223 Keinen Kontakt mit Wasser zulassen. P231 + P232 Inhalt unter inertem Gas handhaben und aufbewahren. Vor Feuchtigkeit schützen. P240 Behälter und zu befüllende Anlage erden. P241 Explosionsgeschützte elektrische/Lüftungs-/Beleuchtungsgeräte verwenden. P280 Schutzhandschuhe/Schutzkleidung/Augenschutz/Gesichtsschutz tragen.

Merck, 101056, SDB vom 07.06.2021

 

6 × 15 cm Eisendraht (Ø 0.8 mm), Fe – 55.85 g/mol

CAS-Nr.: 7439-89-6 – EG-Nr.: 231-096-4

WGK nwg

 

Verwendete Geräte, Versuchsaufbau

6 × 50-ml-Bechergläser, 12 × Spatel, 1-ml-Spritze, Präzisionswaage (Genauigkeit 1 mg), Mörser mit Pistill, Handschuhe

 

Versuchsdurchführung

Die Reinheit der verwendeten Stoffe sollte bei den Nitraten 99 % und beim Eisenpulver ≤ 98 % betragen. Die Partikelgröße der verwendeten Metallpulver ist essentiell für das Gelingen des Experiments! Bei Eisenpulver haben sich 44–149 µm (charakteristische Funken) und bei Aluminiumpulver ≤ 45 µm als ideal herausgestellt. Die Nitrate sollten in Pulverform vorliegen, dies hat wesentlichen Einfluss auf das Abbrandverhalten. Zu feines Pulver wirkt sich wiederum negativ auf das Funkensprühen aus. Ob die Stärke kaltlöslich ist, kann leicht festgestellt werden. Man gibt eine Spatelspitze der Stärke in Wasser und verrührt. Setzt sich die Stärke danach am Boden ab, ist sie ungeeignet. Nicht mehr Wasser verwenden, auch wenn es nicht ausreichend erscheint. Der Stahldraht sollte einen Durchmesser von 0.8 mm haben. Ist er zu dick, erlischt die Wunderkerze. Ist der Draht zu dünn, kann er schmelzen!

 

Oxidationsmittel Eisenpulver Aluminiumstaub Bindemittel Wasser
Tab. 1 – Zusammensetzung der Wunderkerzenmischungen
Wunderkerze Bariumnitrat 1 Bariumnitrat 0.95 g 0.55 g 0.10 g Kaltlösliche Stärke 0.20 g 0.30 mL
Wunderkerze Bariumnitrat 2 Bariumnitrat 0.95 g 0.55 g 0.10 g Sahnesteif 0.15 g 0.20 mL
Wunderkerze Strontiumnitrat 1 Strontiumnitrat 0.85 g 0.60 g 0.10 g Kaltlösliche Stärke 0.20 g 0.30 mL
Wunderkerze Strontiumnitrat 2 Strontiumnitrat 0.85 g 0.60 g 0.10 g Sahnesteif 0.20 g 0.25 mL
Wunderkerze Kaliumnitrat 1 Kaliumnitrat 0.70 g 0.80 g 0.15 g Kaltlösliche Stärke 0.15 g 0.40 mL
Wunderkerze Kaliumnitrat 2 Kaliumnitrat 0.70 g 0.80 g 0.15 g Sahnesteif 0.15 g 0.40 mL

 

Die aufgeführten Chemikalien werden in ein Becherglas eingewogen und durch Schwenkbewegungen vermengt. Das Formen der Wunderkerze muss sehr schnell erfolgen, da die Masse in ≈ 2 Minuten aushärtet! Nun wird die angegebene Menge Wasser zugefügt, mit einem Spatel so lange verknetet, bis die homogene Masse am Spatel haften bleibt. Mit der Hand – Handschuhe erforderlich – wird nochmals geknetet und eine etwa 3 cm lange Wulst geformt. Der Stahldraht wird in die Wulst hineingedrückt und eingerollt, bis die Masse ca. 7 cm des Stahldrahts bedeckt. Es ist auf eine gleichmäßige Form und Dicke zu achten, da dies das Abbrennergebnis wesentlich beeinflusst. Vor der Verwendung müssen die Wunderkerzen entweder für zwei Stunden im Trockenschrank bei 70 °C oder für mindestens 24 Stunden im Abzug getrocknet werden.

 

Reaktionsgleichung

Neben der eigentlichen Reaktion des gewählten Oxidationsmittels mit Aluminium und Eisen ist auch eine Thermolyse des Oxidationsmittels möglich:
2 M(NO3)2 → 2 MO + 2 N2 + 5 O2 [2, 3] bzw.
4 KNO3 → 2 K2O + 2 N2 + 5 O2

M ist stellvertretend für ein zweiwertiges Metallkation (Ba2+, Sr2+).

 

Reaktionsgleichung für die Verbrennung von Eisen mit Sauerstoff der Luft:
3 Fe + 2 O2 → Fe3O4

 

Das Eisenpulver reagiert mit dem Oxidationsmittel. Diese Reaktion läuft im Inneren der Wunderkerze ab und ist nicht als »Funkensprühen« erkennbar. Es werden zwei mögliche Reaktionen beschrieben:
15 Fe + 4 M(NO3)2 → 5 Fe3O4 + 4 MO + 4 N2 [4] bzw.
15 Fe + 8 KNO3 → 5 Fe3O4 + 4 K2O + 4 N2
3 Fe + 4 M(NO3)2 → Fe3O4 + 4 MO + 8 NO2 [3] bzw.
3 Fe + 8 KNO3 → Fe3O4 + 4 K2O + 8 NO2

 

Aluminium und Magnesium werden als Energielieferanten beigemischt. Besonders die Reaktion von Aluminium sorgt für eine große Menge Energie und Gasentwicklung. Die entstehenden Gase sind für das Austreten von Eisenpartikel verantwortlich und sorgen für den »Funkenflug« [4]. Dabei sind mehrere chemische Reaktionen möglich. Als Nebenprodukte kann sowohl elementarer Stickstoff als auch Stickstoffdioxid entstehen:
10 Al + 3 M(NO3)2 → 5 Al2O3 + 3 MO + 3 N2 [4] bzw.
10 Al + 6 KNO3 → 5 Al2O3 + 3 K2O + 3 N2
2 Al + 3 M(NO3)2 → Al2O3 + 3 MO + 6 NO2 [3] bzw.
2 Al + 6 KNO3 → Al2O3 + 3 K2O + 6 NO2

 

Quellenangaben

[1]
M. Scheid, L. Pohl, M. Rusan, T. M. Klapötke und S. Schwarzer. Ökologisch und toxikologisch unbedenklichere Wunderkerzen: ein bewährter Schulversuch im neuen Licht. CHEMKON 2022, 29 (3), 92–101. DOI: 10.1002/ckon.202000054
[2]
A. Keeney, C. Walters und R. D. Cornelius. Making Sparklers: An Introductory Laboratory Experiment. J. Chem. Educ. 1995, 72 (7), 652.
DOI: 10.1021/ed072p652
[3]
C. André. In: Chemie? – Aber sicher. Experimente kennen und können!, Akademiebericht 475, Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung: Dillingen a. d. Donau, 2021. https://alp.dillingen.de/akademie/akademieberichte/ [16.05.2022]
[4]
C. Martin und T. de Vries. Chemie der Wunderkerze – ein Thema nicht nur in der Weihnachtszeit. CHEMKON 2004, 11 (1), 13–20.
DOI: 10.1002/ckon.200410002

 

Download

Wunderkerzen (öko- und toxikologisch unbedenklich)

 

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