Als Nitraminverbindungen bezeichnet man Stoffe, die eine stickstoffgebundene Nitrogruppe besitzen (R2N-NO2).

 

7.1 Tetryl (N-Methyl-N-2,4,6-tetranitroanilin, Tetralit, Trinitrophenylmethylnitramin)

Abb. 43 - Strukturformel Tetryl

  • Herstellung: Lösen von N,N-Dimethylanilin in konz. Schwefelsäure und anschl. einwirken von konz. Salpetersäure
  • Verwendung: Torpedos, Detonatoren, Sprengladung, Sprengkapselfüllung, Übertragungsladung
  • Detonationsgeschwindigkeit: 7850 m/s (1.71 g/cm3)
  • Dichte: 1.57 g/cm3
  • Schlagempfindlichkeit: 3 Joule

Abb. 44 - TetrylTetryl wurde 1877 von Mertens erstmalig hergestellt indem er konz. Salpetersäure auf eine Lösung von N,N-Dimethylanilin in Schwefelsäure einwirken lies. Bei der Herstellung bildet es farblose Kristalle, die sich aber bei Lichteinwirkung schnell gelb einfärben. Technisches Tetryl hat eine hellgelbe Farbe.

Friedrich Lenze studierte als Erster die explosiven Eigenschaften des Tetryls (1895–1899). Tetryl ist ein stärkerer Explosivstoff als Trinitrotoluol. Die Detonationsgeschwindigkeit wird bei einer Dichte von 1.71 g/cm3 mit 7850 m/s angegeben. Die Schlagempfindlichkeit beträgt 3 Joule.

Ab 1906 wurde Tetryl als Explosivstoff in Torpedos, Detonatoren und als Sprengladung in Artilleriegeschossen verwendet. Auch als Sprengkapselfüllung und für Übertragungsladungen wurde es verwendet. Durch den relativ hohen Schmelzpunkt von 129 °C wurde Tetryl nur selten als Schmelze gegossen, sondern als Feststoff verpresst, dadurch lies sich auch die max. Detonationsgeschwindigkeit erreichen.

Tetryl ist stark toxisch beim Einatmen und bei Berührung mit der Haut. Es treten innerhalb kürzester Zeit Vergiftungserscheinungen auf, wie Appetit-, Schlaflosigkeit und Schwindelgefühl. Bei Hautkontakt färbt sich diese gelb und es treten Ekzeme und allergische Reaktionen auf. All diese Umstände haben dazu geführt, dass Tetryl nicht mehr als Sprengstoff verwendet wird, es ist von Hexogen und Nitropenta verdrängt worden.
Quellen: [66], [67], [68]

 

7.2 Hexogen (Cyclotrimethylentrinitramin, Cyclonit, T4 und RDX)

Abb. 45 - Strukturformel Hexogen

  • Herstellung: Nitrierung und oxidativer Abbau von Hexamethylentetramin mit Salpetersäure (> 95 %)
  • Verwendung: Sprengschnüre, Plastiksprengstoff, Blitzschnüre, Bombenfüllung
  • Detonationsgeschwindigkeit: 8750 m/s
  • Dichte: 1.82 g/cm3
  • Schlagempfindlichkeit: 7.4 Joule

Hexogen wurde 1898 von dem Berliner Chemiker und pharmazeutischen Unternehmer Georg Friedrich Henning (1863–1945) als Explosivstoff zur technischen Verwertung und als Ausgangsmaterial für pharmazeutische Präparate erstmalig hergestellt und im deutschen Reichspatent unter der Nr. 104280 vom 15. Juli 1898 beschrieben. Im Jahre 1920 erforschte man im Militärversuchsamt in Berlin die Substanz näher und nannte sie nun Hexogen.

Die Herstellungsverfahren waren anfangs unwirtschaftlich. Erst in den 1930er Jahren wurden vier neue Verfahren in Deutschland entwickelt und Hexogen unter verschiedenen Decknamen wie K-, SH-, E- oder W-Salz im 2. Weltkrieg angewendet. Analoge Verfahren wurden auch auf alliierter Seite entwickelt, z. B. das Bachmann-Verfahren in den USA. Hexogen war auch Bestandteil eines der ersten Plastiksprengstoffe, der von Deutschland unter diesem Namen im 2. Weltkrieg angewendet wurde und aus 88 % Hexogen und 12 % Vaseline bestand.

Heutzutage werden unterschiedliche Kombinationen verwendet, so z. B. Torpex (auch HTA genannt). Torpex besteht aus 40 % Hexogen,
42 % TNT und 18 % Aluminiumpulver.

Hexogen wurde früher als Rodentizid (Bekämpfung von Nagetieren), eingeknetet in Brotteig, verwendet. Heute ist diese Art der Nutzung untersagt.
Quellen: [69], [70], [71], [72], [73]

 

7.3 Octogen (Cyclotetramethylentetranitramin, HMX, LX 14-0)

Abb. 46 - Strukturformel Octogen

  • Herstellung: Nitrierung und oxidativer Abbau von Hexamethylentetramin mit Salpetersäure (> 95 %) bei Anwesenheit von Bortrifluorid
  • Verwendung: Plastiksprengstoff, Raketensprengköpfe
  • Detonationsgeschwindigkeit: 9100 m/s
  • Dichte: 1.89 g/cm3
  • Schlagempfindlichkeit: 7.4 Joule

Abb. 47 - Komposition mit hohem Octogen-GehaltDie Substanz wurde 1942 in Deutschland als Nebenprodukt der technischen Synthese des Hexogens (KA-Verfahren) isoliert, chemisch charakterisiert und sprengtechnisch untersucht, wobei es keine Vorteile gegenüber dem Hexogen zeigte. Die Löslichkeit in Aceton ist viel geringer als die von Hexogen, wodurch die Abtrennung von Octogen durch fraktionierte Kristallisation möglich ist. Etwa zur gleichen Zeit wurde es analog in den USA als Nebenprodukt des identischen, neuen Bachmann-Verfahrens abgetrennt und untersucht. Durch Zusatz von Bortrifluorid kann die Ausbeute an Octogen wesentlich erhöht werden. Als Reinprodukt kann es aus
1,5-Dimethylen-3,7-dinitro-1,3,5,7-tetrazacyclooctan, Essigsäureanhydrid, Ammoniumnitrat und Salpetersäure hergestellt werden.
Quellen: [74], [75], [76]

 

Geschichte der Sprengstoffe


 

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