Einleitung

Eine Luminol-Lösung und eine Kaliumhexacyanoferrat(III)/Wasserstoffperoxid-Lösung werden in einem abgedunkelten Raum in ein großes Reaktionsgefäß gegossen.

 

Verwendete Chemikalien

Chemikalie

 

0.28 g Luminol, C8H7N3O2 – 177.16 g/mol

5-Amino-2,3-dihydrophthalazin-1,4-dion (IUPAC), 3-Aminophthalsäurehydrazid, 5-Amino-1,2,3,4-tetrahydrophthalazin-1,4-dion

CAS-Nr.: 521-31-3 – EG-Nr.: 208-309-4

WGK 3

Sigma-Aldrich, 123072, SDB vom 07.06.2021

GHS07 – Ausrufezeichen

Achtung

2 g Natriumcarbonat, Na2CO3 – 105.99 g/mol

wasserfreie Soda

CAS-Nr.: 497-19-8 – EG-Nr.: 207-838-8

Eye Irrit. 2, WGK 1

H319 Verursacht schwere Augenreizung. P264 Nach Gebrauch exponierte Haut gründlich waschen. P280 Schutzhandschuhe/Schutzkleidung/Augenschutz/Gesichtsschutz tragen. P305 + P351 + P338 BEI KONTAKT MIT DEN AUGEN: Einige Minuten lang behutsam mit Wasser ausspülen. Eventuell vorhandene Kontaktlinsen nach Möglichkeit entfernen. Weiter ausspülen. P337 + P313 Bei anhaltender Augenreizung: Ärztlichen Rat einholen/ärztliche Hilfe hinzuziehen.

Sigma-Aldrich, S7795, SDB vom 30.04.2021

GHS07 – Ausrufezeichen

GHS09 – Umwelt

Achtung

0.89 g Kaliumhexacyanoferrat(III), K3[Fe(CN)6] – 329.25 g/mol

Blutlaugensalz rot, Ferricyankalium, Kaliumcyanoferrat(III), Kaliumeisen(III)-cyanid

CAS-Nr.: 13746-66-2 – EG-Nr.: 237-323-3

Eye Irrit. 2, Aquatic Chronic 2, WGK 2

H319 Verursacht schwere Augenreizung. H411 Giftig für Wasserorganismen, mit langfristiger Wirkung. P264 Nach Gebrauch Haut gründlich waschen. P273 Freisetzung in die Umwelt vermeiden. P280 Schutzhandschuhe/Schutzkleidung/Augenschutz/Gesichtsschutz/Gehörschutz tragen. P305 + P351 + P338 BEI KONTAKT MIT DEN AUGEN: Einige Minuten lang behutsam mit Wasser ausspülen. Eventuell vorhandene Kontaktlinsen nach Möglichkeit entfernen. Weiter ausspülen. P337 + P313 Bei anhaltender Augenreizung: Ärztlichen Rat einholen/ärztliche Hilfe hinzuziehen. P391 Verschüttete Mengen aufnehmen. EUH032 Entwickelt bei Berührung mit Säure sehr giftige Gase.

Merck, 104973, SDB vom 07.06.2021

GHS05 – Ätzwirkung

Gefahr

5 mL Wasserstoffperoxid 30 %, H2O2 – 34.01 g/mol

Hydrogenperoxid (IUPAC), Perhydrol

CAS-Nr.: 7722-84-1 – EG-Nr.: 231-765-0

Eye Dam. 1, Aquatic Chronic 3, WGK 1

H318 Verursacht schwere Augenschäden. H412 Schädlich für Wasserorganismen, mit langfristiger Wirkung. P273 Freisetzung in die Umwelt vermeiden. P280 Schutzhandschuhe/Schutzkleidung/Augenschutz/Gesichtsschutz/Gehörschutz tragen. P305 + P351 + P338 BEI KONTAKT MIT DEN AUGEN: Einige Minuten lang behutsam mit Wasser ausspülen. Eventuell vorhandene Kontaktlinsen nach Möglichkeit entfernen. Weiter ausspülen. P501 Inhalt/Behälter einer anerkannten Abfallentsorgungsanlage zuführen.

Sigma-Aldrich, 216763, SDB vom 29.09.2021

 

Verwendete Geräte, Versuchsaufbau

2 × 1000-ml-Kunststoffflasche, 2 × 300-ml-Erlenmeyerkolben, Trichter, Stativ mit Schlauchwicklung, Auffangbehälter

 

Versuchsdurchführung

Lösung A: In eine 1000-ml-Kunststoffflasche werden 0.28 g Luminol und 2 g Natriumcarbonat gegeben und mit warmem Wasser gelöst.

Lösung B: In eine weitere 1000-ml-Kunststoffflasche werden 0.89 g Kaliumhexacyanoferrat(III) und 5 mL Wasserstoffperoxid 30 % gegeben und mit Wasser auf 1 L aufgefüllt.

Nun werden jeweils von Lösung A und B 150 mL in die Erlenmeyerkolben verbracht und im Trichter der Apparatur zusammengegossen (Raum verdunkeln!).

 

Reaktionsgleichung

Abb. 1 – Zusammenfassung der Luminolreaktion.
Abb. 1 – Zusammenfassung der Luminolreaktion.

 

Die Reaktion findet hauptsächlich am Luminolmolekül statt [5]. Sie lässt sich dabei in mehrere Schritte einteilen. Im ersten Schritt werden die beiden NH-Gruppen des Luminols durch die Hydroxidionen deprotoniert (Abb. 2). Die Hydroxidionen entstammen dabei der zugesetzten Natronlauge.

Abb. 2 – Deprotonierung des Luminols.
Abb. 2 – Deprotonierung des Luminols.

Im zweiten Schritt findet eine Redoxreaktion statt:

Reduktion:

Abb. 3 – Reduktion von Wasserstoffperoxid.

Oxidation:

Abb. 4 – Oxidation von Stickstoff.

Redox:

Abb. 5 – Redox-Reaktion von Wasserstoffperoxid und Stickstoff.

Dabei wird ein H2O2-Molekül zu zwei Hydroxidionen reduziert. H2O2 reagiert also als Oxidationsmittel. Im Zuge der Redoxreaktion werden die beiden negativ geladenen Stickstoffatome oxidiert. Sie geben jeweils ein Elektron ab. Da beide N-Atome nun jeweils ein ungepaartes Elektron in der Valenzschale besitzen, bildet sich zwischen ihnen eine π-Bindung aus. Sie sind also nun über eine Doppelbindung verbunden (Abb. 6).

Abb. 6 – Ausbildung einer π-Bindung zwischen den Stickstoffatomen.
Abb. 6 – Ausbildung einer π-Bindung zwischen den Stickstoffatomen.

Im nächsten Schritt greift – ausgehend von einer mesomeren Grenzstruktur – ein H2O2 -Molekül nukleophil an dem positiv polarisierten Carbonylkohlenstoffatom an (Abb. 7). Die Protonen, die dabei vom H2O2-Molekül abgespalten werden, werden hier vernachlässigt. Sie reagieren mit den Hydroxidionen der Natronlauge zu Wasser.

Abb. 7 – nucleophiler Angriff auf das Carbonylkohlenstoffatom.
Abb. 7 – nucleophiler Angriff auf das Carbonylkohlenstoffatom.

Nun bildet sich unter Abspaltung elementaren Stickstoffs ein instabiler Ringschluss des ehemaligen Carbonylkohlenstoffatoms und des hinzugekommenen O22−-Anions (Abb. 8). An dieser Stelle kommt auch das K3[Fe(CN)6] ins Spiel. Die komplex gebundenen Fe3+-Ionen katalysieren diesen Schritt der Reaktion und führen dazu, dass die Reaktion ausreichend schnell abläuft. Ohne Katalysator wäre in der Praxis keine CL durch das menschliche Auge wahrnehmbar.

Abb. 8 – Ringschluss am Carbonylkohlenstoffatom.
Abb. 8 – Ringschluss am Carbonylkohlenstoffatom.

Andere Quellen gehen bei diesem Schritt von einer Bildung eines anderen zyklischen Peroxids aus (Abb. 9). In diesem Fall hat man aber nach Abspaltung des Stickstoffmoleküls ein Produkt, das mit dem des nächsten Schrittes identisch wäre.

Abb. 9 – möglich wäre auch ein anderes zyklisches Peroxid.
Abb. 9 – möglich wäre auch ein anderes zyklisches Peroxid.

Im vorletzten Schritt reagiert das instabile Molekül wie in Abb. 10 gezeigt zu einem 3-Aminophthalat-Dianion, das sich in einem elektronisch angeregten Zustand befindet.

Abb. 10 – Bildung eines 3-Aminophthalat-Dianion, im angeregten Zustand.
Abb. 10 – Bildung eines 3-Aminophthalat-Dianion, im angeregten Zustand.

Der letzte Schritt des Reaktionsmechanismus besteht darin, dass das angeregte Molekül unter Abgabe eines Photons in seinen Grundzustand übergeht. Doch was einfach klingt, bedarf einer genaueren Analyse der Molekülorbitale (MO) des O-Atoms sowie des an ihm gebundenen C-Atoms. Die beiden Atome sind über eine σ- sowie über eine π-Bindung verbunden, es besteht also eine klassische Doppelbindung. Das C-Atom ist sp2-hybridisiert, es besitzt also drei einfach besetzte 2sp2-Hybridorbitale und ein einfach besetztes 2p-Orbital, das O-Atom hat ein voll- und zwei halb besetzte 2p-Orbitale. Es überlappen sich also ein 2sp2-Hybridorbital des C-Atoms mit einem einfach besetzten 2p-Orbital des O-Atoms (= σ-Bindung) sowie das 2p-Orbital des C-Atoms mit dem Zweiten einfach besetzten 2p-Orbital des O-Atoms (= π-Bindung). Analog zu den bindenden MOs (HOMO) bilden sich auch antibindende MOs (LUMO). Die Abkürzungen »HOMO« und »LUMO« stehen dabei für das am höchsten besetzte (bindende) Orbital (eng.: Highest Occupied Molecular Orbital) sowie für das dem HOMO nächst höhere liegende (antibindende) Orbital (eng.: Lowest Unoccupied Molecular Orbital) [6]. Die Elektronenkonfiguration des angeregten Moleküls, das im vorletzten Schritt entstanden ist, ist in der ersten Spalte von Abb. 11 erkennbar. Es befindet sich ein Elektron in einem antibindenden π*-Orbital. Diese Konfiguration ist energetisch sehr ungünstig. Sie wird, da die Gesamtspin-Quantenzahl S des Systems 1 und die Multiplizität damit 2S + 1 = 3 ist, auch »Triplettzustand« genannt. In diesem Fall liegt der erste Triplettzustand T1 vor. Es folgt nun ein Inter-System-Crossing (ISC), also ein »Übergang zwischen zwei Zuständen unterschiedlichen Gesamtspins« [6]. Der Übergang besteht in diesem Fall aus einer Spinumkehr des Elektrons in dem π*-Orbital, welche ohne Strahlungsemission erfolgt. Da sich nun die Gesamtspin-Quantenzahl von 1 auf 0 geändert hat, die Multiplizität also nun 1 ist, nennt man diesen Zustand auch den ersten Singulettzustand S1. Dieser Zustand wird in der zweiten Spalte von Abb. 11 dargestellt. Jetzt muss das Elektron nur noch von dem π*-Orbital in das energetisch tiefer gelegene, bindende, halb besetzte π-Orbital »springen«. Diesen Vorgang nennt man S1→S0-Übergang (Abb. 11, dritte Spalte). Hierbei wird der Grundzustand S0 erreicht. Die Multiplizität ändert sich nicht, da keine Spinumkehr stattfindet, es ist also immer noch ein Singulettzustand [7]. Der entscheidende Punkt an diesem S1→S0-Übergang ist die dabei entstehende Fluoreszenz, also die Aussendung von Lichtquanten, die eigentliche CL. Die Energie des Lichtquants entspricht der Energiedifferenz zwischen HOMO und LUMO. Im Fall der Luminol-CL liegt das Intensitätsmaximum des emittierten Lichts bei 424 nm [7]. Nicht zu verwechseln ist die Fluoreszenz mit der Phosphoreszenz. Fluoreszenz ist eine Lichtemission, bei der die Multiplizität des Systems konstant bleibt, wohingegen die Lichtemission im Fall der Phosphoreszenz durch einen quantenchemisch verbotenen Übergang von T1 nach S0 erfolgt. Im Gegensatz zur Fluoreszenz geht das angeregte Molekül nicht binnen 10−8 Sekunden in den Grundzustand über, sondern verweilt bis zu mehreren Stunden im angeregten Triplettzustand, bis es unter Lichtemission in den Grundzustand zurückfällt.

Abb. 11 – Triplett- und Singulettzustände.
Abb. 11 – Triplett- und Singulettzustände.

 

Medien

Abb. 12 – Chemolumineszenz von Luminol.Abb. 13 – Luminol mit Natriumfluorescein.Abb. 14 – Luminol mit Rhodamin B.

 

 

Quellenangaben

[1]
F. Bukatsch, O. Krätz, G. Probeck und R. Schwankner. „Luminol-Reaktion“. In: So interessant ist Chemie, 2. Auflage, Aulis-Verlag Deubner: Köln, 1997, 109–111.
[2]
B. Z. Shakhashiri. Oxidations of Luminol. In: Chemical Demonstrations Vol. 1, Univ. of Wisconsin Press, 1983, 156–167.
[3]
F. R. Kreißl und O. Krätz. Blaue, gelbgrüne und rote Chemolumineszenz mit Luminol. In: Feuer und Flamme, Schall und Rauch, WILEY-VCH: Weinheim, 1999, 136–138.
[4]
H. W. Roesky und K. Möckel. Chemolumineszenz. In: Chemische Kabinettstücke, VCH Verlagsgesellschaft mbH: Weinheim, 1994, 160–162.
[5]
M. Pritschet. Chemolumineszenz – Ausgewählte Versuche und ihr theoretischer Hintergrund. Facharbeit im Fach Chemie. Gymnasium: Beilngries, 2007, https://www.chem-page.de/downloads/file/8-chemolumineszenz-ausgewaehlte-versuche-und-ihr-theoretischer-hintergrund.html [23.01.2017]
[6]
S. Albrecht, H. Brandl und T. Zimmermann. Chemilumineszenz: Reaktionssysteme und ihre Anwendung unter besonderer Berücksichtigung von Biochemie und Medizin, Hüthig: Heidelberg, 1996, 4.
[7]
S. Albrecht, H. Brandl und T. Zimmermann. Chemilumineszenz: Reaktionssysteme und ihre Anwendung unter besonderer Berücksichtigung von Biochemie und Medizin, Hüthig: Heidelberg, 1996, 4–6.

 

Download

Chemolumineszenz mit Luminol (Soda)

 

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