11.1 Hexanitroisowurtzitan (HNIW, CL-20)

Abb. 60 - Strukturformel HNIW

  • Herstellung: dreistufiges Verfahren, sehr zeitaufwendig
  • Verwendung: Raketensprengköpfe
  • Detonationsgeschwindigkeit: max. 10300 m/s
  • Dichte: 1.90 g/cm3

Abb. 61 - HNIW-KristallArnold T. Nielsen und seinen Mitarbeitern am Naval Surface Weapons Center in China Lake, Kalifornien, USA, gelang es erstmals 1987 nach 20 Syntheseversuchen das HNIW (HexaNitrohexaazaIsoWurtzitan), ein Nitramin mit einer Käfigstruktur herzustellen. Deshalb ist für HNIW auch der Name CL-20 gebräuchlich.

Die Synthese ist äußerst langwierig, was diesen Stoff sehr teuer macht. Es wird daher nur für ganz spezielle Sprengstoffe verwendet, z. B. in Raketensprengköpfen.
Quellen: [101], [102], [103]

 

11.2 Octanitrocuban (ONC)

Abb. 62 - Strukturformel ONC

  • Detonationsgeschwindigkeit: > 10000 m/s
  • Dichte: 1.979 g/cm3
  • Temperatur: 6000 °C
  • Druck: 300000 bar

Abb. 63 - Philip E. EatonOctanitrocuban wurde erstmals 1999 an der Universität von Chicago von den Chemikern Philip E. Eaton und Mao-Xi Zhang synthetisiert. Das Molekül hat ein Gerüst von acht Kohlenstoffatomen, die einen Würfel bilden. An jedes Kohlenstoffatom ist eine Nitrogruppe gebunden. Auch diese Synthese ist kompliziert und teuer.
Quellen: [104], [105]

 

 

 

11.3 Polymerer Stickstoff

Abb. 64 - Ausschnitt einer PolystickstoffstrukturIn einer Veröffentlichung vom August 2004 gaben Forscher vom Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz bekannt, dass sie unter einem Druck von über 110 GPa und bei einer Temperatur von über 2000 K eine neue kristalline Form, sogenannten polymeren Stickstoff mit Einfachbindungen erzeugt haben. Diese Modifikation besitzt eine einzigartige kubische Struktur, die sogenannte "cubic gauche"-Struktur. Durch die hohe Instabilität sind die Einsatzmöglichkeiten begrenzt, man könnte sich polymeren Stickstoff aber zum Beispiel als Sprengstoff oder Energiespeicher vorstellen. Polystickstoff wäre dann mit Abstand der stärkste, nicht nukleare Sprengstoff.
Quellen: [106], [107]

 

 

 

 

11.4 Green Primary Explosives - Grüne Initialsprengstoffe?

Nein, diese Sprengstoffe sind nicht grün gefärbt. 1993 forderte der damalige US-Präsident Bill Clinton, die blei- und quecksilberhaltigen Initialsprengstoffe, durch weniger giftige Substanzen zu ersetzen. Diese Initialsprengstoffe sollten sechs Kriterien erfüllen:

  1. Nicht lichtempfindlich.
  2. Explosionsfähig, aber ohne zu große Empfindlichkeit bei der Herstellung, Verarbeitung und Transport.
  3. Thermische Stabilität bis 200 °C.
  4. Chemische Stabilität über einen längeren Zeitraum.
  5. Die Verbindung darf keine giftigen Metalle wie Quecksilber, Blei, Barium, Silber oder Antimon enthalten.
  6. Keine Perchlorate enthalten, da diese krebserregend sind und die Funktion der Schilddrüse beeinflussen.

Als interessante Stoffe haben sich erwiesen Kat.[Fe2+(NT)3(H2O)3], Kat.2[Fe2+(NT)4(H2O)2], Kat.3[Fe2+(NT)5(H2O)] und Kat.4[Fe2+(NT)6].
Kat. = Kation und NT= 5-Nitrotetrazolato-N2.

Aber nur die Verbindungen Kat.2[MII(NT)4(H2O)2]) mit Kat. = NH4+ oder Na+ und M = Fe(II) oder Cu(II) erfüllen alle sechs geforderten Kriterien.

Abb. 65 - Eisenkomplexe

 

Quellen: [108], [109], [110]

 

11.5 ALICE - eine zündfähige Dame!

Abb. 66 - ALICE-PasteBei ALICE handelt es sich nicht um Frau Schwarzer oder den berühmten Song von Smokie, auch nicht um das Mädchen, das ins Wunderland reist. ALICE ist eine Mischung aus: Nano-Aluminium (Symbol Al) und ICE (Eis). Die Nanopartikel werden in Wasser suspendiert und anschließend eingefroren. Die Partikel sind wesentlich kleiner als die herkömmlicherweise verwendeten Korngrößen, die in den Feststoffraketen zum Einsatz kommen. Sie verbrennen schneller und der Rückstoß ist besser kontrollierbar.

Abb. 67 - ALICE-RaketenstufeEntwickelt wurde ALICE an der Purdue University in West Lafayette, India (USA) in Zusammenarbeit mit der NASA und dem AFOSR (Air Force Office of Scientific Research). Es wird als aussichtsreicher Kandidat für Raketentreibstoffe gehandelt und soll das Ammoniumperchlorat als Treibstoff ablösen.

Aluminium kennt jeder: Dosen, Leitern, Türklinken, etc. Entdeckt wurde Aluminium im Jahr 1825 durch den dänischen Chemiker Hans Christian Ørsted (1777–1851). Aluminium ist eigentlich ein sehr unedles Metall und durchaus zu heftigen Reaktionen fähig. Davon bekommt man aber im Alltag nichts mit. Die Metalloberfläche reagiert mit Sauerstoff aus der Luft und bildet einen Überzug aus Aluminiumoxid (Al2O3). Diese Oxidschicht erreicht eine Stärke von etwa 0.05 µm und verhindert eine weitere Oxidation. Um diese Oxidschicht zu überwinden, sind Temperaturen von 1000 °C nötig, dabei wird die Oxidschicht geschmolzen. Bei Aluminiumpartikeln mit einer Größe von ca. 80 nm hat die Oxidschicht nur noch eine Dicke von wenigen Atomschichten, d. h. die Temperatur um diese Schicht zu überwinden wird geringer. Die Temperatur liegt unter 600 °C. Die freigesetzte Energie reicht aus, um die Reaktion aufrechtzuerhalten.

Bei der Verbrennung von Aluminium und Wasser entstehen Aluminiumoxid und Wasserstoff:

Reaktionsgleichung Aluminium und Wasser

Bei den bisher durchgeführten Tests verbrannte der Wasserstoff völlig ungenutzt mit Sauerstoff aus der Luft. Die Forscher sind bestrebt, dies zu ändern. Es sollen in Zukunft Stoffe beigemischt werden, die zusätzlichen Sauerstoff liefern und dieser mit dem Wasserstoff abreagiert, um noch mehr Schub zu erzeugen.

Die Aluminiumnanopartikel können momentan nur im Hochvakuum in einer 10000 °C heißen Plasmaflamme hergestellt werden, die Produktionskosten sind entsprechend hoch.

Quellen: [111], [112], [113], [114]

 

Geschichte der Sprengstoffe


 

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