Abb. 13 - Basilius Valentinus

Initialsprengstoffe sind Stoffe, die andere Sprengstoffe zur Reaktion bringen. Verwendet werden hierfür Metallazide, Metallpikrate und Metallfulminate. Natriumazid (NaN3) wird z. B. als Zünder für Airbags verwendet.

Die ersten Beschreibungen dieser Stoffgruppe finden sich schon in Schriften aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Basilius Valentinus beschreibt z. B. das "explosive Gold". Dabei handelt es sich um eine Komplexverbindung, die aus Goldtrioxid und Ammoniak entsteht.

Am 24.05.1788 referierte Claude Louis Berthollet vor der Pariser Akademie der Wissenschaften über eine neu entdeckte Silberverbindung, die schon bei geringster Berührung explodiert. Diese Verbindung wird später als Bertholettsches Knallsilber bekannt und kann als Nitrid des Silbers (Ag3N) aufgefasst werden.
Quellen: [18], [19]

 

4.1 Knallsäure und die Fulminate

Die Knallsäure (HCNO) kann als Oxid der Blausäure (HCN) angesehen werden und wurde 1824 von Justus von Liebig (1803–1873) entdeckt. Ein Jahr darauf fand Friedrich Wöhler (1800–1882) die Cyansäure (HOCN). Liebig, Wöhler und Jöns Jacob Berzelius (1779–1848) entdeckten durch Silberfulminat (AgCNO) und Silbercyanat (AgOCN) die Isomerie. Beide Stoffe enthalten die gleichen Mengen der gleichen Elemente, aber in unterschiedlicher Anordnung. Dies hat wesentlichen Einfluss auf die chemischen und physikalischen Eigenschaften: Silberfulminat kann explodieren, Silbercyanat hingegen nicht.
Quellen: [20], [21]

 

4.1.1 Quecksilberfulminat

Abb. 14 - Quecksilberfulminat

  • Formel: Hg(CNO)2
  • Herstellung: Salpetersäure, Ethanol und Quecksilber
  • Verwendung: Initialsprengstoff
  • Detonationsgeschwindigkeit: 5000 m/s
  • Dichte: 4.42 g/cm3
  • Schlagempfindlichkeit: 1–2 Joule

Abb. 15 - Johannes Kunckel

Der Engländer Edward Charles Howard (1774–1816) stellte 1799 das Quecksilberfulminat her, indem er Quecksilber, Ethanol und Salpetersäure vermischte. Auch Johannes Kunckel (Kunkel von Löwenstern, ca. 1630–1703) wird die Entdeckung zugeschrieben. Eine Entdeckung durch den niederländischen Alchemisten Cornelius Drebbel (1572–1633) liegt auch im Bereich des Möglichen. Drebbel vertrieb eine salpetersaure, alkoholische Quecksilberessenz, bei deren Herstellung durchaus auch Quecksilberfulminat anfallen kann.

Quecksilberfulminat ist ein weißes bis weißgraues Pulver mit der Formel Hg(CNO)2. Es explodiert bei Erwärmung auf 160–180 °C. Die Detonationsgeschwindigkeit beträgt bei einer Dichte von 3.96 g/cm3 4740 m/s. Alfred Nobel verwendete Quecksilberfulminat in Sprengkapseln zur Zündung von Dynamit. Die geringe Menge von 0.36 g reicht aus, um TNT zur Detonation zu bringen.
Quellen: [21], [22], [23], [24], [25]

 

4.1.2 Silberfulminat

Abb. 16 - Silberfulminat

  • Formel: AgCNO
  • Herstellung: Salpetersäure, Ethanol und Silber
  • Verwendung: Initialsprengstoff, Knallerbsen
  • Detonationsgeschwindigkeit: 4800–5400 m/s

1802 entdeckte der italienische Arzt und Chemiker Louis Gaspard "Luigi" Brugnatelli (1761–1818) das Silberfulminat. Es wird aus Salpetersäure, Ethanol und Silber gewonnen. Silberfulminat ist ebenfalls ein weißes bis weißgraues Pulver mit der Formel AgCNO. Die Detonationsgeschwindigkeit liegt bei 4800–5400 m/s. Die winzige Menge von 0.095 g Silberfulminat bringen TNT zur Detonation. Im trockenen Zustand ist es äußerst berührungs- und reibungsempfindlich. Auch elektrostatische Entladungen führen zur Detonation. Wegen dieser Eigenschaften hat es heute keine Bedeutung mehr. Es wird nur noch in Knallerbsen (Kinderspielzeug) verwendet.

Der junge Justus Liebig hat mit Silberfulminat eine heftige Detonation im Dachgeschoss einer Apotheke ausgelöst.
Quellen: [26], [27], [28], [29]

 

4.2 Stickstoffwasserstoffsäure und die Azide

1890 wird die Stickstoffwasserstoffsäure durch Julius Wilhelm Theodor Curtius (1857–1928) entdeckt. Johannes Adolf Wislicenus (1835–1902) gelingt 1892 eine Synthese von Natriumazid (NaN3) aus Natriumamid (NaNH2) und Lachgas (N2O).

Bald wurden verschiedene Azide hergestellt und die Explosionsfähigkeit von Blei- und Quecksilberazid bemerkt. Das Quecksilberazid ist das brisanteste von beiden, da es schon bei der Herstellung detonieren kann. Lange Kristallnadeln, die zerbrochen werden, können auch im feuchten Zustand explodieren. Diese Entdeckung geht auf Lothar Wöhler (1870–1952) zurück. Gerade das Quecksilberazid ist dafür bekannt, mehrere Zentimeter große Nadeln zu bilden. Solch große Kristalle tragen immer Beschädigungen davon und es kommt unweigerlich zur Explosion. Deshalb setzt man bei der Produktion von Schwermetallaziden Substanzen zu, die das Kristallwachstum hemmen, z. B. Dextrin.
Quellen: [30]

 

4.2.1 Bleiazid

Abb. 17 - Bleiazid

  • Formel: Pb(N3)2
  • Herstellung: Natriumazid, Blei(II)-acetat, Dextrin
  • Verwendung: Initialsprengstoff, Pyrotechnik
  • Detonationsgeschwindigkeit: 4630 m/s
  • Dichte: 4.71 g/cm3
  • Schlagempfindlichkeit: 2.5–4 Joule

Durch seine Forschungen über die Stickstoffwasserstoffsäure entdeckte Julius Wilhelm Theodor Curtius 1891 das Bleiazid. Es wird wird durch Umsetzung von Natriumazid mit Blei(II)-acetat gewonnen.

Bei einer Dichte von 4.71 g/cm3 hat es eine Detonationsgeschwindigkeit von 4630 m/s. Bleiazid ist relativ unempfindlich gegenüber Reibung, Schlag und Stoß. Weshalb es die Fulminate verdrängt hat.
Quellen: [31], [32], [33]

 

Geschichte der Sprengstoffe


 

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