Einleitung

Aus Calciumhypochlorit, Salzsäure und dest. Wasser wird Chlor freigesetzt. Das Chlorgas wird durch eine Ammoniaklösung geleitet, wobei eine Chemolumineszenz auftritt [1].

 

Verwendete Chemikalien

Chemikalie

GHS03 – Flamme über einem Kreis

GHS05 – Ätzwirkung

GHS07 – Ausrufezeichen

GHS09 – Umwelt

Gefahr

15 g Calciumhypochlorit, Ca(OCl)2 – 142.99 g/mol

Calciumdihypochlorit (IUPAC), Kalziumhypochlorit, Kalziumdihypochlorit, Bleichpulver

CAS-Nr.: 7778-54-3 – EG-Nr.: 231-908-7

Ox. Sol. 2, Acute Tox. 4 (oral), Skin Corr. 1B, Eye Dam. 1, Aquatic Acute 1, WGK 2

H272 Kann Brand verstärken; Oxidationsmittel. H302 Gesundheitsschädlich bei Verschlucken. H314 Verursacht schwere Verätzungen der Haut und schwere Augenschäden. H400 Sehr giftig für Wasserorganismen. P210 Von Hitze, heißen Oberflächen, Funken, offenen Flammen sowie anderen Zündquellen fernhalten. Nicht rauchen. P260 Staub/Rauch/Gas/Nebel/Dampf/Aerosol nicht einatmen. P273 Freisetzung in die Umwelt vermeiden. P280 Schutzhandschuhe/Schutzkleidung/Augenschutz/Gesichtsschutz/Gehörschutz tragen. P303 + P361 + P353 BEI BERÜHRUNG MIT DER HAUT (oder dem Haar): Alle kontaminierten Kleidungsstücke sofort ausziehen. Haut mit Wasser abwaschen. P305 + P351 + P338 BEI KONTAKT MIT DEN AUGEN: Einige Minuten lang behutsam mit Wasser ausspülen. Eventuell vorhandene Kontaktlinsen nach Möglichkeit entfernen. Weiter ausspülen. EUH031 Entwickelt bei Berührung mit Säure giftige Gase.

Merck, 841799, SDB vom 04.07.2021

GHS05 – Ätzwirkung

GHS07 – Ausrufezeichen

Gefahr

25 mL Salzsäure 37 %, HCl – 36.46 g/mol

Salzsäure rauchend, Chlorwasserstoff-Lösung

CAS-Nr.: 7647-01-0 – EG-Nr.: 231-595-7

Met. Corr. 1, Skin Corr. 1B, Eye Dam. 1, STOT SE 3 (Atmungssystem), WGK 1

H290 Kann gegenüber Metallen korrosiv sein. H314 Verursacht schwere Verätzungen der Haut und schwere Augenschäden. H335 Kann die Atemwege reizen. P234 Nur in Originalverpackung aufbewahren. P261 Einatmen von Staub/Rauch/Gas/Nebel/Dampf/Aerosol vermeiden. P271 Nur im Freien oder in gut belüfteten Räumen verwenden. P280 Schutzhandschuhe/Schutzkleidung/Augenschutz/Gesichtsschutz/Gehörschutz tragen. P303 + P361 + P353 BEI BERÜHRUNG MIT DER HAUT (oder dem Haar): Alle kontaminierten Kleidungsstücke sofort ausziehen. Haut mit Wasser abwaschen. P305 + P351 + P338 BEI KONTAKT MIT DEN AUGEN: Einige Minuten lang behutsam mit Wasser ausspülen. Eventuell vorhandene Kontaktlinsen nach Möglichkeit entfernen. Weiter ausspülen.

Sigma-Aldrich, 339253, SDB vom 28.09.2021

GHS05 – Ätzwirkung

Gefahr

Natronlauge 30 %, NaOH – 40.00 g/mol

Natriumhydroxidlösung 30 %

CAS-Nr.: 1310-73-2 – EG-Nr.: 215-185-5

Met. Corr. 1, Skin Corr. 1A, Eye Dam. 1, WGK 1

H290 Kann gegenüber Metallen korrosiv sein. H314 Verursacht schwere Verätzungen der Haut und schwere Augenschäden. P234 Nur in Originalverpackung aufbewahren. P280 Schutzhandschuhe/Schutzkleidung/Augenschutz/Gesichtsschutz/Gehörschutz tragen. P301 + P330 + P331 BEI VERSCHLUCKEN: Mund ausspülen. KEIN Erbrechen herbeiführen. P303 + P361 + P353 BEI BERÜHRUNG MIT DER HAUT (oder dem Haar): Alle kontaminierten Kleidungsstücke sofort ausziehen. Haut mit Wasser abwaschen. P304 + P340 + P310 BEI EINATMEN: Die Person an die frische Luft bringen und für ungehinderte Atmung sorgen. Sofort GIFTINFORMATIONSZENTRUM/Arzt anrufen. P305 + P351 + P338 BEI KONTAKT MIT DEN AUGEN: Einige Minuten lang behutsam mit Wasser ausspülen. Eventuell vorhandene Kontaktlinsen nach Möglichkeit entfernen. Weiter ausspülen.

Sigma-Aldrich, 72068, SDB vom 18.12.2020

GHS05 – Ätzwirkung

GHS07 – Ausrufezeichen

GHS09 – Umwelt

Gefahr

300 mL Ammoniaklösung 25 %, NH4OH – 35.05 g/mol

Ammoniumhydroxid (IUPAC), Ammoniakwasser, Salmiakgeist

CAS-Nr.: 1336-21-6 – EG-Nr.: 215-647-6

Skin Corr. 1B, Eye Dam. 1, STOT SE 3 (Atmungssystem), Aquatic Acute 1, Aquatic Chronic 2, WGK 2

H314 Verursacht schwere Verätzungen der Haut und schwere Augenschäden. H335 Kann die Atemwege reizen. H410 Sehr giftig für Wasserorganismen, mit langfristiger Wirkung. P261 Einatmen von Staub/Rauch/Gas/Nebel/Dampf/Aerosol vermeiden. P271 Nur im Freien oder in gut belüfteten Räumen verwenden. P273 Freisetzung in die Umwelt vermeiden. P280 Schutzhandschuhe/Schutzkleidung/Augenschutz/Gesichtsschutz tragen. P303 + P361 + P353 BEI BERÜHRUNG MIT DER HAUT (oder dem Haar): Alle kontaminierten Kleidungsstücke sofort ausziehen. Haut mit Wasser abwaschen. P305 + P351 + P338 BEI KONTAKT MIT DEN AUGEN: Einige Minuten lang behutsam mit Wasser ausspülen. Eventuell vorhandene Kontaktlinsen nach Möglichkeit entfernen. Weiter ausspülen.

Merck, 105428, SDB vom 07.06.2021

 

Zwischenprodukt

Chemikalie

GHS03 – Flamme über einem Kreis

GHS04 – Gasflasche

GHS06 – Totenkopf mit gekreuzten Knochen

GHS09 – Umwelt

Gefahr

Chlor, Cl2 – 70.91 g/mol

CAS-Nr.: 7782-50-5 – EG-Nr.: 231-959-5

Ox. Gas 1, Press. Gas (Comp.), Acute Tox. 2 (inhalativ), Skin Irrit. 2, Eye Irrit. 2, STOT SE 3 (Atmungssystem), Aquatic Acute/Chronic 1, WGK 2

H270 Kann Brand verursachen oder verstärken; Oxidationsmittel. H280 Enthält Gas unter Druck; kann bei Erwärmung explodieren. H330 Lebensgefahr bei Einatmen. H315 Verursacht Hautreizungen. H319 Verursacht schwere Augenreizung. H410 Sehr giftig für Wasserorganismen, mit langfristiger Wirkung. P220 Von Kleidung und anderen brennbaren Materialien fernhalten. P244 Ventile und Ausrüstungsteile öl- und fettfrei halten. P260 Staub/Rauch/Gas/Nebel/Dampf/Aerosol nicht einatmen. P273 Freisetzung in die Umwelt vermeiden. P280 Schutzhandschuhe/Schutzkleidung/Augenschutz/Gesichtsschutz tragen. P302 + P352 BEI BERÜHRUNG MIT DER HAUT: Mit viel Wasser waschen. P332 + P313 Bei Hautreizung: Ärztlichen Rat einholen/ärztliche Hilfe hinzuziehen. P304 + P340 + P315 BEI EINATMEN: Die Person an die frische Luft bringen und für ungehinderte Atmung sorgen. Sofort ärztlichen Rat einholen/ärztliche Hilfe hinzuziehen. P305 + P351 + P338 + P315 BEI KONTAKT MIT DEN AUGEN: Einige Minuten lang behutsam mit Wasser ausspülen. Eventuell vorhandene Kontaktlinsen nach Möglichkeit entfernen. Weiter ausspülen. Sofort ärztlichen Rat einholen/ärztliche Hilfe hinzuziehen. P370 + P376 Bei Brand: Undichtigkeit beseitigen, wenn gefahrlos möglich. P403 An einem gut belüfteten Ort aufbewahren. P405 Unter Verschluss aufbewahren. EUH071 Wirkt ätzend auf die Atemwege.

Linde, 000010021781, SDB vom 21.07.2020

 

Verwendete Geräte, Versuchsaufbau

Scheidetrichter, Stativ, Klammer, Muffe, 3 × 500-ml-Erlenmeyerkolben (Weithals), zwei Stopfen mit Bohrungen, Messzylinder, 250-ml-Becherglas, Glasstab, 600-ml-Becherglas (breit), Glasrohre, Schläuche, Holzwolle, Abzug

 

Versuchsdurchführung

In den Erlenmeyerkolben I werden 15 g Calciumhypochlorit vorgelegt. Erlenmeyerkolben 2 enthält 300 mL Ammoniaklösung ≥ 25 %. Der Chlorabsorber wird mit in Natronlauge 30 % getränkte Holzwolle gefüllt. Die Apparatur wird wie im Bild dargestellt aufgebaut. In einem 250-ml-Becherglas werden 25 mL dest. Wasser vorgelegt und 25 mL Salzsäure 37 % unter Rühren zugegeben. Die 50 mL verdünnte Salzsäure gibt man in den Scheidetrichter. Der Raum wird nun verdunkelt und die verdünnte Salzsäure in kleinen Portionen in den Erlenmeyerkolben I abgelassen. Das Chlorgas perlt mit der Zeit durch den Erlenmeyerkolben II, wobei jede einzelne Gasblase eine hellgelbe Chemolumineszenz erzeugt. Überschüssiges Chlor wird im Chlorabsorber absorbiert.

Lässt die Chemolumineszenz nach, dann wird die Schlauchverbindung zwischen Erlenmeyerkolben I und II sofort getrennt. Grund hierfür ist, dass bei sinkender Ammoniakkonzentration explosives Stickstofftrichlorid (Chlorstickstoff, NCl3) gebildet werden kann! Stickstofftrichlorid neigt zur plötzlichen Explosion bzw. Detonation!

Chlor ist ein Atemgift! Chlorgas nicht einatmen! Einatmen von Chlorgas kann ein Lungenödem zur Folge haben! Versuch nur unter dem Abzug durchführen!

 

Reaktionsgleichung

Im Erlenmeyerkolben I:

Ca(ClO)2 + 4 HCl → CaCl2 + 2 Cl2 + 2 H2O

 

Nach Bray und Dowell [2] verläuft die Reaktion in Erlenmeyerkolben II wie folgt:

2 NH3 + 3 Cl2 → N2 + 6 H+ + 6 Cl

8 NH3 + 3 Cl2 → N2 + 6 NH4Cl

2 NH3 + 3 ClO → N2 + 3 Cl + 3 H2O

 

Im Chlorabsorber:

2 NaOH + Cl2 → NaCl + NaClO + H2O

 

Reaktionsmechanismus

In fast allen Lehrbüchern der anorganischen Chemie wird die Bildung von Stickstoff, durch Oxidation von Ammoniak, behandelt. Häufig wird dies durch die Reaktion von Ammoniumionen mit Nitrit, bei geringer Wärmezufuhr in wässriger Lösung, beschrieben:

NH4+ + NO2 → N2 + H2O

 

Erwähnung findet auch, dass eine Oxidation von Ammoniak zu Stickstoff, in wässriger Lösung oder in der Gasphase, durch Halogene möglich ist:

(X = Cl, Br, I)

2 NH3 + 3 X2 → 6 HX + N2

6 NH3 + 6 HX → NH4X

 

Diese Reaktion war häufig ein Vorlesungsexperiment und in fast allen Fachbüchern, bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts, zu finden. Unbemerkt blieb allerdings den meisten Experimentatoren, die dabei auftretende Chemolumineszenz. In einem Nature-Artikel [3] von E. K. Rideal aus dem Jahr 1929 findet sich folgende Passage:

... It is somewhat remarkable that few people have observed the beautiful chemiluminescence exhibited by the interaction of chlorine or chromylchloride with ammonia, although I suppose the former reaction is demonstrated annually in at least one of the classes in every school where chemistry is taught …

Welche chemische Reaktion ist für die auftretende Chemolumineszenz letztendlich verantwortlich? Leider sind Chemolumineszenzspektren der gezeigten Chemolumineszenz so gut wie nicht vorhanden. Maeda [4] hat ein Emissionsmaximum bei 690 nm festgestellt und darüber berichtet. Er schreibt dies elektronisch angeregtem Chloramin (NH2Cl) zu, da dieses im Fluoreszenzspektrum auch bei 690 nm ein Maximum zeigt. Die gelbe Chemolumineszenz widerspricht den von Maeda getätigten Messungen. Alles deutet daraufhin, dass es sich um angeregten atomaren oder molekularen Stickstoff handelt, worüber Brown und Winkler [5] 1970 berichtet haben.

Ein hypothetischer Reaktionsmechanismus wäre wie folgt denkbar:

Bildung von Chloramin und Dichloramin

NH3 + Cl2 → NH2Cl + HCl

NH2Cl + Cl2 → NHCl2 + HCl

 

Abb. 1 – α-Eliminierungen von Chloramin zu Nitren.

 

Abb. 2 – α-Eliminierungen von Dichloramin zu Chlornitren.
Abb. 2 – α-Eliminierungen von Dichloramin zu Chlornitren.

 

Abb. 3 – Reaktion von Nitren und Chlornitren zu Monochlordiimid.
Abb. 3 – Reaktion von Nitren und Chlornitren zu Monochlordiimid.

 

Abb. 4 – Zerfall von Monochlordiimid zu Stickstoff im angeregten Triplettzustand.
Abb. 4 – Zerfall von Monochlordiimid zu Stickstoff im angeregten Triplettzustand.

 

Abb. 5 – Übergang vom angeregten Triplettzustand zum Triplett-Grundzustand.
Abb. 5 – Übergang vom angeregten Triplettzustand zum Triplett-Grundzustand.

 

Übergang in den Singulett-Grundzustand

N2 (T1) → N2 (S0)

 

Bisher ist nur in der Gasphase, bei elektrischen Entladungen, aktiver molekularer Stickstoff im angeregten Triplettzustand T2 nachgewiesen worden [5]. Der Übergang vom angeregten Triplettzustand T2 zum Triplett-Grundzustand T1 ist für die gelbe Chemolumineszenz verantwortlich. Der Triplett-Grundzustand T1 geht schließlich in den Singulett-Grundzustand S0 über, wobei dies strahlungslos erfolgt.

 

Medien

Abb. 6 - Reaktionsbeginn [1].Abb. 7 - nach 3 Sek. Chloreinleitung [1].Abb. 8 - nach 6 Sek. Chloreinleitung bilden sich Ammoniumchlorid-Nebel [1].Abb. 9 - nach 10 Sek. Chloreinleitung – Stickstoff-Bildung [1].

 

Quellenangaben

[1]
S. Albrecht, H. Brandl und T. Zimmermann. Anorganische Chemilumineszenz. Traditionelle Experimente in neuem Licht. Chem. unserer Zeit 2008, 42 (6), 394–400. DOI: 10.1002/ciuz.200800460
[2]
W. C. Bray und C. T. Dowell. THE REACTIONS BETWEEN CHLORINE AND AMMONIA. J. Am. Chem. Soc. 1917, 39 (5), 905–913.
DOI: 10.1021/ja02250a006
[3]
E. K. Rideal. Chemiluminescence. Nature 1929, 123 (3098), 417–419. DOI: 10.1038/123417a0
[4]
Y. Maeda und N. Takenaka. Chemiluminescence determination of trace amounts of ammonia and halogen species in the environment. In: Proc. SPIE Vol. 1715, International Society for Optics and Photonics: Bellingham (Washington, USA), 1993, 185–193. DOI: 10.1117/12.140181
[5]
G. R. Brown und C. A. Winkler. Das chemische Verhalten von aktivem Stickstoff. Angew. Chem. 1970, 82 (5), 187–202.
DOI: 10.1002/ange.19700820502

 

Download

Chemolumineszenz mit Ammoniak und Chlor

 

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