Einleitung

Bei der Chemolumineszenz von Luminol gibt es viele Variationen, die unterschiedliche Effekte erzeugen, wie z. B. unterschiedliche Farben oder rhythmisches Leuchten. Ähnlich dem zweiten Beispiel, wo der Effekt durch Konkurrenz verschiedener Reaktionen hervorgerufen wird, lässt sich auch eine Zeitreaktion mit Luminol durchführen, die der bekannten Landolt-Reaktion ähnelt. Dabei ist die Verzögerung bis zum Leuchten durch die Konzentration der Ausgangsstoffe oder die Temperatur regulierbar.

 

Verwendete Chemikalien

Chemikalie

 

0.2 g Luminol, C8H7N3O2 – 177.16 g/mol

5-Amino-2,3-dihydrophthalazin-1,4-dion (IUPAC), 3-Aminophthalsäurehydrazid, 5-Amino-1,2,3,4-tetrahydrophthalazin-1,4-dion

CAS-Nr.: 521-31-3 – EG-Nr.: 208-309-4

WGK 3

Sigma-Aldrich, 123072, SDB vom 07.06.2021

GHS05 – Ätzwirkung

GHS07 – Ausrufezeichen

GHS09 – Umwelt

Gefahr

2 × 3.47 g Ammoniaklösung 25 %, NH4OH – 35.05 g/mol

Ammoniumhydroxid (IUPAC), Ammoniakwasser, Salmiakgeist

CAS-Nr.: 1336-21-6 – EG-Nr.: 215-647-6

Skin Corr. 1B, Eye Dam. 1, STOT SE 3 (Atmungssystem), Aquatic Acute 1, Aquatic Chronic 2, WGK 2

H314 Verursacht schwere Verätzungen der Haut und schwere Augenschäden. H335 Kann die Atemwege reizen. H410 Sehr giftig für Wasserorganismen, mit langfristiger Wirkung. P261 Einatmen von Staub/Rauch/Gas/Nebel/Dampf/Aerosol vermeiden. P271 Nur im Freien oder in gut belüfteten Räumen verwenden. P273 Freisetzung in die Umwelt vermeiden. P280 Schutzhandschuhe/Schutzkleidung/Augenschutz/Gesichtsschutz tragen. P303 + P361 + P353 BEI BERÜHRUNG MIT DER HAUT (oder dem Haar): Alle kontaminierten Kleidungsstücke sofort ausziehen. Haut mit Wasser abwaschen. P305 + P351 + P338 BEI KONTAKT MIT DEN AUGEN: Einige Minuten lang behutsam mit Wasser ausspülen. Eventuell vorhandene Kontaktlinsen nach Möglichkeit entfernen. Weiter ausspülen.

Merck, 105428, SDB vom 07.06.2021

 

7.4 g Wasserstoffperoxid 3 %, H2O2 – 34.01 g/mol

Hydrogenperoxid (IUPAC), Perhydrol

CAS-Nr.: 7722-84-1 – EG-Nr.: 231-765-0

WGK 1

EUH210 Sicherheitsdatenblatt auf Anfrage erhältlich.

Sigma-Aldrich, 88597, SDB vom 10.08.2021

GHS05 – Ätzwirkung

GHS07 – Ausrufezeichen

GHS09 – Umwelt

Gefahr

0.34 g Kupfer(II)-chlorid-Dihydrat, CuCl2 · 2 H2O – 170.48 g/mol

Kupferdichlorid-Dihydrat

CAS-Nr.: 10125-13-0 – EG-Nr.: 231-210-2

Acute Tox. 4 (oral, dermal), Skin Irrit. 2, Eye Dam. 1, Aquatic Acute 1, Aquatic Chronic 2, WGK 3

H302 + H312 Gesundheitsschädlich bei Verschlucken oder Hautkontakt. H315 Verursacht Hautreizungen. H318 Verursacht schwere Augenschäden. H410 Sehr giftig für Wasserorganismen, mit langfristiger Wirkung. P264 Nach Gebrauch Haut gründlich waschen. P273 Freisetzung in die Umwelt vermeiden. P280 Schutzhandschuhe/Schutzkleidung/Augenschutz/Gesichtsschutz/Gehörschutz tragen. P301 + P312 BEI VERSCHLUCKEN: Bei Unwohlsein GIFTINFORMATIONSZENTRUM/Arzt anrufen. P302 + P352 + P312 BEI BERÜHRUNG MIT DER HAUT: Mit viel Wasser waschen. Bei Unwohlsein GIFTINFORMATIONSZENTRUM/Arzt anrufen. P305 + P351 + P338 BEI KONTAKT MIT DEN AUGEN: Einige Minuten lang behutsam mit Wasser ausspülen. Eventuell vorhandene Kontaktlinsen nach Möglichkeit entfernen. Weiter ausspülen.

Sigma-Aldrich, C3279, SDB vom 18.04.2021

GHS06 – Totenkopf mit gekreuzten Knochen

GHS08 – Gesundheitsgefahr

GHS05 – Ätzwirkung

GHS09 – Umwelt

Gefahr

Ca. 2 g Kaliumcyanid, KCN – 65.12 g/mol

Cyankali, Cyankalium

CAS-Nr.: 151-50-8 – EG-Nr.: 205-792-3

Met. Corr. 1, Acute Tox. 2 (oral, inhalativ), Acute Tox. 1 (dermal), STOT RE 1 (Schilddrüse), Aquatic Acute/Chronic 1, WGK 3

H290 Kann gegenüber Metallen korrosiv sein. H300 + H310 + H330 Lebensgefahr bei Verschlucken, Hautkontakt oder Einatmen. H372 Schädigt die Organe (Schilddrüse) bei längerer oder wiederholter Exposition. H410 Sehr giftig für Wasserorganismen, mit langfristiger Wirkung. P262 Nicht in die Augen, auf die Haut oder auf die Kleidung gelangen lassen. P273 Freisetzung in die Umwelt vermeiden. P280 Schutzhandschuhe/Schutzkleidung/Augenschutz/Gesichtsschutz/Gehörschutz tragen. P301 + P310 BEI VERSCHLUCKEN: Sofort GIFTINFORMATIONSZENTRUM/Arzt anrufen. P330 Mund ausspülen. P302 + P352 + P310 BEI BERÜHRUNG MIT DER HAUT: Mit viel Wasser waschen. Sofort GIFTINFORMATIONSZENTRUM/Arzt anrufen. P304 + P340 + P310 BEI EINATMEN: Die Person an die frische Luft bringen und für ungehinderte Atmung sorgen. Sofort GIFTINFORMATIONSZENTRUM/Arzt anrufen. EUH032 Entwickelt bei Berührung mit Säure sehr giftige Gase.

Sigma-Aldrich, 60178, SDB vom 26.09.2020

 

Verwendete Geräte, Versuchsaufbau

50-ml-Bechergläser, 200-ml-Becherglas, Magnetrührer, Einwegspritze, Glasstab

 

Versuchsdurchführung

Es werden folgende Lösungen hergestellt:

Ammoniaklösung 2.8 %: 3.47g Ammoniaklösung 25 % + 69 g Wasser

A: 3.47 g Ammoniaklösung 25 % + 69 g Wasser + 0.2 g Luminol

B: 0.34 g Kupfer(II)-chlorid-Dihydrat in 3.5 g Wasser lösen. Die Lösung mit 9 g Ammoniaklösung 2.8 % versetzen, rühren, bis die anfangs gebildete Kupferhydroxid-Trübung verschwindet und eine klare, tiefblaue Lösung entsteht. Unter Rühren so viel festes Kaliumcyanid hinzufügen, bis die Lösung vollständig entfärbt wird. Anschließend noch 5 % der bereits zugesetzten Menge hinzufügen (gesamte Menge Kaliumcyanid: ca. 2 g).

C: 7.4 g Wasserstoffperoxid 3 %

Zu 12.5 g Lösung A werden mit einer Spritze ohne Kanüle 7 Tropfen (280 µl) Lösung B gegeben. Um die Reaktion zu starten, werden 7.4 g der Lösung C hinzugegeben, sofort mit einem Glasstab umgerührt und der Raum abgedunkelt. Etwa 20 Sekunden nach Zusetzen des Wasserstoffperoxids leuchtet die Lösung unter Aufschäumen für ca. 2 Sekunden blau auf. Um verschiedene Verzögerungszeiten zu erhalten, kann die Menge an Lösung C (Wasserstoffperoxid) in folgender Weise verändert werden:

Lsg. C (g) Wasser(mL) Verzögerung(s)
7.44 0.00 20
6.10 1.34 24
5.18 2.26 30
4.50 2.94 35
Abb. 1 – Verlauf des Leuchtens in 4 Bechergläsern mit unterschiedlichen Wasserstoffperoxidmengen (basierend auf dem Ersten unten verlinkten Video) [1].
Abb. 1 – Verlauf des Leuchtens in 4 Bechergläsern mit unterschiedlichen Wasserstoffperoxidmengen (basierend auf dem Ersten unten verlinkten Video) [1].
Abb. 2 – Temperaturverlauf [1].
Abb. 2 – Temperaturverlauf [1].

Die Temperatur steigt bis zum Blitz fast gar nicht und ca. 1 Sekunde vor der größten Helligkeit um 4–6 °C. Danach nimmt sie langsam ab (normales Abkühlen). Die sichtbare O2-Entwicklung beginnt erst nach der größten Helligkeit und hört ziemlich schnell fast komplett auf. Verzögerungszeit in Abhängigkeit einiger Parameter. Die drei Diagramme basieren auf leicht abgewandelten Mengen an Lösung A, B und C, weshalb sie nicht genau mit der Grafik oben (»Verlauf des Leuchtens ...«) übereinstimmen.

Abb. 3 – Diagramm der Wasserstoffperoxidkonzentration [1].
Abb. 3 – Diagramm der Wasserstoffperoxidkonzentration [1].
Abb. 4 – Diagramm der Kaliumcyanidkonzentration [1].
Abb. 4 – Diagramm der Kaliumcyanidkonzentration [1].
Abb. 5 – Diagramm des Temperaturverlaufs [1].
Abb. 5 – Diagramm des Temperaturverlaufs [1].

 

Reaktionsgleichung

Die Kupferionen bilden mit dem gelösten Ammoniak einen blauen Tetraamminkupferkomplex:

Cu2+ + 4 NH3 → Cu(NH3)42+

Das Kupfer(II) wird durch das Cyanid zum Kupfer(I) reduziert. Das dabei gebildete Dicyan disproportioniert in der ammoniakalischen Lösung zum Cyanid und Cyanat. Zusätzlich werden die Kupferionen dem Tetraamminkomplex entrissen und ein stabilerer Cyanidkomplex gebildet, das Kupfer wird somit maskiert:

2 Cu2+ + 9 CN − + 2 OH − → 2 Cu(CN)43− + OCN − + H2O

Das Wasserstoffperoxid oxidiert die Cyanidionen des Komplexes langsam zum Cyanat, womit der Komplex zerstört wird und die erste Reaktion ablaufen kann:

CN − + H2O2 → OCN − + H2O

Dadurch steht der Kupfertetraamminkomplex als Katalysator für die Oxidation von Luminol zur Verfügung, wodurch Licht ausgesendet wird. Tatsächlich ist vermutlich ein zwischenzeitlich auftretender, unbekannter Kupferkomplex beteiligt und die Reaktion ist dadurch etwas komplizierter als hier dargestellt. Die Dauer bis zum Auftreten des Leuchtens kann durch Änderung der zugegebenen Wasserstoffperoxidmenge oder veränderte Temperatur variiert werden. Dabei wird die Dauer bis zum Leuchten erhöht, wenn eine geringere Menge an Wasserstoffperoxid eingesetzt wird oder die Reaktion bei tiefer Temperatur abläuft. Ein ähnlicher Effekt, wenn auch schwächer, kann durch eine erhöhte Menge Cyanidkomplex erzeugt werden. Sehr große Mengen des Cyanidkomplexes verursachen einen besonders kurzen Lichtblitz und sehr geringe Mengen (0.5 Tropfen) ein lang anhaltendes, jedoch schwaches Leuchten. Sehr große Mengen an Wasserstoffperoxid erzeugen ein Überschäumen der Lösung während des Leuchtens oder danach. Die Größenordnung des Versuchs kann beliebig verändert werden, wobei jedoch ein mögliches Überschäumen am Ende der Reaktion berücksichtigt werden muss. Bei Licht und ohne Luminol erfolgt statt eines Lichtblitzes eine Farbänderung von farblos zu Tiefblau. Bei niedriger Konzentration an Wasserstoffperoxid erfolgt der Farbumschlag nur langsam, bei hoher Konzentration wird er von einem plötzlichen Aufschäumen begleitet, was ca. 20–50 ms nach der Farbänderung beginnt. Die eingesetzte Luminolmenge kann um das bis zu 10-fache reduziert werden (20 mg statt 200 mg Luminol pro 100 mL Lösung A). Die Lichtemission ist dann etwas schwächer, aber noch gut sichtbar. Durch eine Pufferlösung aus Natriumcarbonat und -hydrogencarbonat soll die Leuchtkraft verstärkt werden können. Statt Cyanid kann in ähnlicher Weise auch Cystein (Aminosäure) eingesetzt werden. Allerdings ist das Leuchten dann nicht so hell.

 

Medien

Abb. 6 – Augenblick des Lichtblitzes ohne Durchmischung (Bild aus dem zweiten unten verlinkten Video) [1].

 

 

Quellenangaben

[1]
Pok. Der blaue Blitz. illumina-chemie.de, 2013. http://illumina-chemie.de/der-blaue-blitz-t3562.html [11.09.2013] mit freundlicher Genehmigung von Pok.
[2]
F. McCapra. Demonstrations of Chemiluminescence – A luminol clock reaction. In: Bioluminescence and Chemiluminescence Vol. 3, Academic Press: San Diego, 2000, 640–642.
[3]
B. Z. Shakhashiri. Luminol Chemiluminescent Clock Reactions. In: Chemical Demonstrations Vol. 1, Univ. of Wisconsin Press, 1983, 168–174.
[4]
E. H. White. An efficient chemiluminescent system and a chemiluminescent clock reaction. J. Chem. Educ. 1957, 34, 275.
DOI: 10.1021/ed034p275

 

Download

Chemolumineszenz mit Luminol – Der blaue Blitz 2

 

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